Das Dach
Die stilbildende fünfte Fassade
Das Dach übernimmt ganz praktische Aufgaben und prägt das Erscheinungsbild ganzer Ortschaften
Wer sich aus der Ferne einer Ortschaft nähert, erkennt vor allem an den Farben der Fassaden und Dächer einen Stil, der genau diese Ortschaft oder auch den Landstrich prägt. Da die Farben der Dächer eine wesentliche Rolle spielen, spricht man auch von der fünften, himmelwärts gerichteten Fassade eines Bauwerks.
Im Eifelkreis Bitburg-Prüm ergibt auch eine unterschiedliche Farbigkeit insgesamt ein homogenes Bild. Die fünfte Fassade, also das Dach, ist oft in Dunkelgrau oder Anthrazit gehalten. Dies resultiert aus der Tatsache, dass der regionaltypische Schiefer spätestens seit dem 18. Jahrhundert über einen langen Zeitraum hinweg zur Eindeckung genutzt wurde. Ein damals von Kaiserin Maria Theresia erlassenes Dekret wurde auch in Kurtrier eingeführt und verbot sowohl den Fachwerkbau als auch das Eindecken von Gebäuden mit Stroh. In der Folge wurden für die Dächer neben dem Schiefer auch rötliche Ziegel und Blechplatten verwendet. Diese drei Materialien – Schiefer, Ziegel und Blech – prägen bis heute die dörflichen Dachlandschaften der Eifel.
Wenn ein Dach neu errichtet oder gedeckt wird – Gute Vorbilder sind die Farben und Formen der Umgebung
Damit Neubauten oder Renovierungen keine optischen Fremdkörper sind, ist es sinnvoll, sich an den genannten regionaltypischen Elementen zu orientieren. Denn sobald eine nicht typische Farbe innerhalb der Ortschaft auftaucht, ergibt dies ein störendes Bild, vor allem in den historischen Ortskernen. Besonders störend ist der Effekt bei glänzenden Ziegeln in blauen, grünen und sonstigen Signalfarben. Als Faustregel für alle, die ihr Haus mit einem (neuen) Dach versehen möchten, gilt: Nehmen Sie sich möglichst die Farbigkeit der historischen Umgebungsbebauung zum Vorbild!
Die Neubebauung fügt sich wie selbstverständlich ins Dorfbild ein. Dies erfolgt durch die Gebäudeform, die Stellung der Gebäude zueinander und nicht zuletzt auch die passende Wahl der Dachmaterialien. So wird Bauen im Bestand zur Chance für eine Gemeinde
Das graue Metalldach und die graue Holzfassade passen gut zur zeitgemäßen Architektur
Nicht nur durch die Formgebung der Architektur, sondern auch durch die Farbgebung des Daches ist dies ein gutes Beispiel für regionale Baukultur
Neben den Farben prägen besonders auch die Dachformen das Ortsbild der Eifeldörfer. Die häufigste Dachform ist das Satteldach mit einer Neigung von etwa 35 bis 50 Grad. Diese Geometrie entstand aus der Notwendigkeit, mit möglichst wenig Material möglichst viel umbauten Raum zu schaffen. Darüber hinaus läuft von dieser Dachform das viele Regenwasser der Region am wirkungsvollsten ab.
Ein typisches Dachdetail im Eifelkreis ist der geringe Dachüberstand. Das hat mit Materialknappheit, mit Statik und dem Wind zu tun. Denn genau wie in der Bretagne oder in Irland ist die Gegend sehr windreich. Die mit dem starken Wind verbundenen Sogkräfte greifen ein Dach mit einem großen Dachüberstand schneller an und können somit das statische Gefüge und des Hauses beschädigen. So ist es bei Neubauten ratsam, nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus funktionalen Gründen auf große Dachüberstände zu verzichten.
Das Dach hat vielfältige Aufgaben
Früher sollte das Dach vor allem vor Wind und Regen schützen. Heute sind die Anforderungen vielfältiger, dem Dach wird so Einiges abverlangt:
- Das Dach muss bauphysikalisch so konstruiert sein, dass der Dachraum als Wohnraum nutzbar ist.
- Der Wärmeschutz muss gewährleistet sein. Denn gerade durch das Dach kann im Winter viel Wärme verloren gehen. Gleichzeitig kann im Sommer viel zu viel Wärme über das Dach ins Haus eindringen.
- Das Dach ist die ideale Aufstellfläche für Photovoltaik-Anlagen , die unsere zukünftige Energieversorgung mit absichern
Im 18. Jahrhundert verboten die erlassenen Brandschutzregeln das Bauen von Strohdächern, was die Optik der Häuser maßgeblich veränderte. Heute stehen wir wieder vor der Herausforderung, ein neues Erscheinungsbild durch neue Anforderungen zu akzeptieren, beispielsweise durch die Photovoltaik. Nicht zuletzt der Klimawandel führt dazu, dass auch bei Denkmälern neue Wege gegangen werden müssen.
Die Charta von Venedig
Die Charta von Venedig stammt aus dem Jahr 1964 und ist bis heute die zentrale und international anerkannte Richtlinie der Denkmalpflege. Hier wird unter anderem richtigerweise darauf hingewiesen, dass der Erhalt einer Sache durch seine nützliche Funktion für die Gesellschaft begünstigt werde. Dies gilt gleichermaßen für jeden Neubau und jede Sanierung. Und betrifft weit mehr als das Dach eines Hauses. In Artikel 5 heißt es:
„Die Erhaltung der Denkmäler wird immer begünstigt durch eine der Gesellschaft nützliche Funktion. Ein solcher Gebrauch ist daher wünschenswert, darf aber Struktur und Gestalt der Denkmäler nicht verändern. Nur innerhalb dieser Grenzen können durch die Entwicklung gesellschaftlicher Ansprüche und durch Nutzungsänderungen bedingte Eingriffe geplant und bewilligt werden.“