Baukultur und Ortskerne
Baukultur und Ortskerne – Plädoyer einer Planerin






Baukultur ist vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung eine Notwendigkeit. Demografischer Wandel geht im ländlichen Raum meistens mit der Entleerung der Ortskerne einher. Leer stehende Gebäude, in denen ausschließlich ältere Menschen leben, finden wir verstärkt in den Ortskernen unserer Dörfer. Gleichzeitig finden wir Baukultur gerade hier, selten in den Neubaugebieten der letzten Jahrzehnte.
Das Gesicht unserer Dörfer ist die Ortsmitte. Baukultur – und das zeigt die Initiative „Baukultur Eifel“ sehr überzeugend – ist viel mehr als Traditionen pflegen, mehr als Bausubstanz erhalten. Baukultur heißt, sich auseinander zu setzen mit tradierten Werten, heißt eine regionale Identität zu bewahren und zu schaffen. Baukultur heißt Dörfern ein Gesicht – ihr Gesicht – zu lassen oder auch wieder zurückzugeben.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels wird die Wiederbelebung der Ortsmitte eine der wichtigsten Anstrengungen in den nächsten Jahren sein. Dazu müssen sie jedoch zunächst einmal einladender werden: wir brauchen attraktive Bau- und Freiflächen für junge Familien. Möglich wäre dies durch den Abbruch von leerstehenden Wirtschaftsgebäuden oder nicht erhaltenswerter Bausubstanz auf der Grundlage eines planerischen Konzeptes.
Gute Beispiele für gelungene Sanierungen, Umbauten und das Rückbauen wertvoller Bausubstanz zeigen Lösungen auf. Genauso brauchen wir gute Beispiele für neues, zeitgemäßes Bauen, das die regionale Baukultur aufgreift und weiterentwickelt. In den Ortsmitten müssen junge Menschen leben, damit Frische, Leben und neue Ideen das „Muffige“ dort verdrängen. Die Gemeinden brauchen Menschen mit der Bereitschaft und der Lust auf ein Leben in der Ortsmitte, auf ein Leben mitten im Dorf – in Gebäuden mit Geschichte und eigenem Charakter genauso wie in einem Neubau, der die historisch gewachsene Architektur der Region interpretiert und zeitgemäß umsetzt.
Die Ortsgemeinde Rommersheim beabsichtigt mit finanzieller Unterstützung aus dem Dorferneuerungsprogramm ihr Innenentwicklungskonzept baldmöglichst umsetzen zu können: das heißt, alte leerstehende Gebäude werden weichen und Platz machen für Junges Bauen mitten im Dorf. Die Kommune will damit auch sensibilisieren für eine regionale Baukultur, vor allem kämpft sie gegen die Entleerung des Ortskernes. Am Beispiel Rommersheim können wir lernen: Wir sollten und wir können begeistern für ein Leben mitten im Dorf.
Rosemarie Bitzigeio, Freie Architektin, Winterspelt