Bauen im Bestand:

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Scheune im Sauertal
Das Gehöft liegt an einem zur Sauer führenden Weg und setzt sich zusammen aus Wohn- und Ökonomiegebäuden, Brennerei und Kapelle. Das Wohnhausportal trägt auf dem Sturz die Inschrift: LINCKELS HAT DIS HAVS GEBAVE ANNO 17.
Die ehemalige Scheune und Stallungen sollten umgebaut werden. Es sollten Lagerräume, Werkstatt, Büroräume mit Archiv, Technikraum für eine zentrale Heizung und ein Waschraum entstehen. Weiter sollte eine Verbindung zwischen dem Wohnhaus, Archivräumen und den verschiedenen Lagerebenen hergestellt werden. Das Wohnhaus und das Wirtschaftsgebäude sollten neue Dächer erhalten und die Außenanlagen mit einem neuen Hoftor, Carport, Buchenhecke und einem geschützten Sitzplatz mit Birnenspalierneu gestaltet werden.

Herangehensweise
Das Wirtschaftsgebäude wird bis auf die tragenden Außenwände entkernt und gesichert, alte Fensteröffnungen wieder freigelegt und eine neue Bodenplatte betoniert. Die erhaltenen Wände werden vom Maurer noch im Rohbau mit einem vor Ort gemischten Kalkzementmörtel beworfen.
In die steinerne Außenhülle wird vom Zimmermanneine neue Holzkonstruktion aus heimischer Fichte eingefügt. Sie besteht aus einem unbeheizten Werkstatt- und Lagerbereich, sowie einem beheizten Archiv mit Aufenthaltsbereich und dem Technikraum auf jeweils unterschiedlichen Bodenniveaus. Verbindendes Element ist die Holzbohlentreppe, deren Stufen zwischen die Lattenkonstruktion eingeschoben sind. Aus heimischer Fichte werden sägerauhe Bodenbretter, wanddicke Türen, raumhohe Regale, Tische und Sitzmöbel gefertigt. Das neue Tor an der Rückfassade wird in traditioneller Drehtechnik wieder hergestellt. Schwarze Installationen und robuste Leuchten unterstützen den Werkstattcharakter.

Innere Werte
Das alte Gebäude war dunkel und entsprach der Nutzung als Stall und Futterlager. Die neue Scheune ist lichtdurchflutet. Ohne zusätzliche Veränderungen an der Fassade, nur durch das geschickte Setzen von zwei neuen großen Lichtöffnungen in der rückwärtigen Dachfläche werden helle Räume mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen.
Die Arbeit in dieser Scheune, die gelagerten Materialen, die Menschen, die sich hier aufhalten, werden am rohen Holz, auf dem rohen Beton und dem rauen Putz Spuren hinterlassen. Alle Baumaterialien sind so gewählt, dass sie in Würde altern dürfen und mit den Spuren der Alterung Geschichten erzählen werden.
In einer Zeit, in der Häuser zu Einwegprodukten für Lebensabende erstellt, aus industriell vorgefertigten Halbzeugen mit hauchdünnen Oberflächen montiert, unsere Orte und letztendlich bei ihrer Entsorgung unsere Umwelt belasten, wollen wir zeigen, dass es möglich ist, ein Gebäude zu schaffen, dessen Materialität und Robustheit die Kraft hat einen Ort zu definieren, der in Erinnerung bleibt. Einen Ort mit Identität. Heimat definierend.

 

Scheune im Sauertal (2015)

Bauherr: Privat

Architekt: Rainer Roth, Meckel, www.rainerroth.com/

Fotos: Christine Schwickerath, Dipl.-Des.

 

Das Projekt wurde beim Baukulturpreis Eifel 2015 in der Kategorie "Bauen im Bestand" mit einem 2.Preis prämiert.

 

Hier die Bewertung der Jury:

„Blickt man von der Sauerbrücke auf das Ortsbild, sieht man, wie wichtig der Erhalt von ortsbildprägenden Gebäuden ist. Gerade große, prägende landwirtschaftliche Baukörper nicht gleich dem Verfall preiszugeben, sondern ihnen eine neue Nutzung anzubieten – noch dazu eine flexible, zukunftsgerichtete -, zeigt die Stärke dieser Arbeit.

Sichern, entkernen, erhalten, weiterbauen, eine einfache zimmermannsmäßige Holzkonstruktion in den Bestand stellen - handwerklich gekonnt gemacht -, Licht hereinlassen, mit einfachem Innenausbau gestalten: Ein Rezept, mit dem man Leerstand und Verfall begegnen kann. Die Baumaterialien sind so ausgesucht, dass auch ihnen wieder ein Altern in Würde zugestanden wird. Mit den Spuren der Alterung werden sie Geschichten erzählen und die fortgeschriebene Identität eines Ortes stärken und Heimat definieren. Materialität und Robustheit prägen das Gebäude – und den Ort -, sie zeigen, wie Architektur auch mit eingeschränkten Mitteln sinnlich sein kann.

Die visuelle Wahrnehmung mit den Augen, die auditive mit den Ohren, die olfaktorische mit der Nase, die taktile mit der Haut: Mindestens vier Sinne werden angeregt – wenn nicht mehr.“